Neuer Rechtsrahmen zur digitalen Barrierefreiheit ab 28. Juni 2025
Das Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) verpflichtet Unternehmen zur barrierefreien Gestaltung digitaler Produkte und Dienstleistungen
Am 28. Juni 2025 tritt das BaFG (BGBl I 76/2023) in Kraft. Es setzt die Richtlinie (EU) 2019/882 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (European Accessibility Act – EAA) in nationales Recht um und bringt bedeutende Änderungen für zahlreiche Unternehmen in Österreich mit sich.
1. Wer ist Betroffen?
Das BaFG richtet sich an Unternehmer, die bestimmte digitale / elektronische Produkte oder Dienstleistungen für Verbraucher bereitstellen. Dazu zählen insbesondere:
- Hardware-Produkte: Computer, Smartphones, Fernseher, Spielkonsolen, E-Book-Reader und Selbstbedienungsterminals (zB Fahrkartenautomaten, Geldautomaten, Check-in-Terminals)
- Software: Betriebssysteme und E-Books
- Dienstleistungen: Bank-, Verkehrs- oder E-Commerce-Leistungen
Die Pflichten im Zusammen mit diesen Produkten richten sich primär an die Hersteller und Importeure sowie Dienstleistungserbringer. Nachgelagerte Händler haben gewisse Sorgfaltspflichten betreffend die Konformität von Produkten.
Kleinstunternehmen (weniger als 10 Mitarbeiter und entweder weniger als EUR 2 Mio. Jahresumsatz oder Jahresbilanzsumme) sind von den Verpflichtungen im Zusammenhang mit Dienstleistungen ausgenommen. Die Konformitätsanforderungen in Bezug auf Produkte gelten aber auch für Kleinstunternehm`en.
2. Welche Anforderungen gelten?
Das BaFG unterwirft die Produkte und Dienstleistungen einer harmonisierten EU-Produktkonformitätsbewertung (bei Produkten inklusive „CE-Kennzeichen“). Die verpflichteten Unternehmer müssen durch barrierefreie Gestaltung gewährleisten, dass Produkte und Dienstleistungen von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen möglichst selbstständig, gleichberechtigt und ohne fremde Hilfe genutzt werden können. Dazu sind sie so zu gestalten und herzustellen, dass ihre vorhersehbare Nutzung durch Menschen mit Behinderungen maximiert wird.
Produkte sind mit barrierefrei zugänglichen Informationen zu ihrer Funktionsweise und ihren Barrierefreiheitsfunktionen auszustatten. Dienstleistungen müssen so erbracht werden, dass die Barrierefreiheit der dabei verwendeten Produkte gewährleistet ist. Die Anforderungen unterscheiden sich je nach Art des Produkts und der Dienstleistung und lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Multisensorische Wahrnehmbarkeit: Diverse Inhalte müssen über mehr als einen sensorischen Kanal verfügbar sein (zB Untertitel bei Videos, Audiobeschreibungen).
- Bedienbarkeit: Navigation muss möglichst einfach und über mehrere Kanäle möglich sein. Keine zeitkritischen Interaktionen ohne Alternative.
- Verständlichkeit: Klare und nicht zu komplexe Sprache, konsistente Menüführung, leicht verständliche Anleitungen.
- Kompatibilität: Kompatibilität mit gängigen assistiven Technologien (zB Sprachsteuerung, Verbindung zu Hörhilfetechnik).
- Technische Standards: Vermutung der Konformität bei Anwendung entsprechender internationalen Normen (zB EN 301 549).
3. Strafen
- Verwaltungsstrafen von bis zu EUR 80.000
- Verhängung von Verbesserungsmaßnahmen durch das Sozialministeriumservice als Marktüberwachungsbehörde (zB Produktrückruf)
4. Übergangsfristen
Barrierefreiheit gemäß BaFG ab 28. Juni 2025 verpflichtend. Für bestimmte Bestandsprodukte und -dienstleistungen gilt eine Übergangsfrist von 5 Jahren (bis 28.6.2030).
5. Was bedeutet das konkret für Unternehmen?
- Prüfen, ob Produkte und Dienstleistungen unter das BaFG fallen.
- Barrierefreiheit evaluieren und gegebenenfalls nachbessern.
- Entwicklungsteams schulen, evtl externe Fachberatung beiziehen.
- Dokumentation zur Einhaltung der Anforderungen bereitstellen.
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