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Günstiger-Strom-Gesetz – Gut Ding braucht Weile

Nach langen Verhandlungen wurde gestern das Elektrizitätswirtschaftsgesetz als Teil des “Günstiger-Strom-Gesetzes” im Nationalrat beschlossen – ein neues Energiesystem kann nun in die Tat umgesetzt werden, da die positive Beschlussfassung im Bundesrat am 17./18.12. zu erwarten ist.

Mit dem neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) wird das Energiesystem in Österreich reformiert

Das neue ElWG stellt die größte Reform des Energiesystems in Österreich der letzten 20 Jahre dar. Es handelt sich um die lang überfällige Umsetzung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (EU) 2019/944 und anderer Unionsrechtsakte. Das neue ElWG hat die Verbesserung der Versorgungssicherheit und die Erleichterung der Energiewende zum Ziel. Darüber hinaus – wie der Name der Sammelnovelle schon sagt – hat es das Ziel, die Strompreise zu senken. Für bedürftige Kunden ist ein Sozialtarif vorgesehen.

Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) – zentrale Neuerungen

1.1 Stärkung der Endkundenrechte und neue Vertragslogik

Mit dem neuen ElWG kommen neue Verpflichtungen auf die Lieferanten zu. Es enthält erweiterte Informations- und Mitteilungspflichten bei Liefer- und Abnahmeverträgen. Für Kunden mit Smart-Meter müssen z. B. Daten in 15-Minuten-Intervallen übermittelt werden. Es müssen gebündelte Produkte angeboten werden, Kündigungsrechte werden erweitert, und die Preisstruktur ändert sich.

Für AGB und Entgelte wird bei unbefristeten Verträgen ein gesetzliches Änderungsrecht eingeführt, Preisänderungen dürfen im Verhältnis zum Anlass “nicht unbillig” sein und es werden erhöhte Informationspflichten für Lieferanten eingeführt. Gleichzeitig wird eine zeitliche Komponente für Preisänderungen eingeführt – sie dürfen nur alle sechs Monate vorgenommen werden, und binnen sechs Monaten müssen Preissenkungen auch an die Kunden weitergegeben werden.

Das ElWG führt dynamische und fixe Energiepreise für Endkunden mit Smart-Meter ein. Lieferanten müssen mindestens je einen Liefervertrag mit dynamischen und einen mit festen Energiepreisen anbieten. Dies geht einher mit einer erhöhten Aufklärungs- und Warnpflicht für Haushaltskunden bzw. Kleinunternehmer sowie einem jederzeitigen Kündigungsrecht für dynamische Produkte.

Neben neuen Bestimmungen für Lieferantenwechsel und Zahlungserleichterungen wird mit dem ElWG die Grundversorgung und die Auffangversorgung neu kalibriert. Es wird ein Kontrahierungszwang zu wettbewerbsfähigen Neukunden-Standardtarifen, eine Absicherung insbesondere in Fällen von Marktaustritt und Vertragsende sowie eine Begrenzung der Sicherheitsleistungen und Vorauszahlungen geschaffen.

Für Lieferanten besteht aufgrund dieser Änderungen ein großer Anpassungsbedarf etwa durch Anpassung sämtlicher Allgemeinen Lieferbedingungen, Preisanpassungsklauseln und Kundeninformationsprozesse.

1.2 Aktive Kunden, dezentrale Erzeugung, Energiegemeinschaften und Speicher

Mit dem ElWG wird der sog. „aktive Kunde” eingeführt. Aktive Kunden können künftig Strom erzeugen, verbrauchen, speichern und verkaufen sowie an Flexibilitätsdiensten teilnehmen. Diese Aktivitäten sind auch innerhalb von Energiegemeinschaften möglich. Der Gesetzesentwurf schafft einen klaren Rechtsrahmen für den Stromaustausch innerhalb aller Formen von Energiegemeinschaften und ermöglicht Peer-to-Peer-Verträge zwischen aktiven Kunden. Darüber hinaus wird die gemeinschaftliche Nutzung von Erzeugungsanlagen um Speicherlösungen erweitert.

Der Anwendungsbereich von Direktleitungen wird ausgeweitet, was die Realisierung dezentraler Versorgungskonzepte erleichtert. Im Bereich der Energiespeicherung wird eine vollständige Umsetzung der EU-Vorgaben sichergestellt. Zudem wird das Verbot des Netzbetreiber-Speicherbetriebs klargestellt, wobei enge Ausnahmen für „vollständig integrierte Netzkomponenten“ weiterhin bestehen.

Diese Neuerungen bieten Chancen für neue Geschäftsmodelle wie Power Purchase Agreements (PPA), Peer-to-Peer-Plattformen, Speicher-Services und Flexibilitätsprodukte. Gleichzeitig steigt die Komplexität bei Themen wie Netzzugang, Abrechnung und Vertragsgestaltung, insbesondere im Umgang mit aktiven Kunden (Prosumer) und Energiegemeinschaften.

1.3 Netzbetrieb, Flexibilitätsmärkte und Systemnutzungsentgelte

Die systematische Trennung von Netzanschluss und Netzzugang führt zu neuen Pflichten für die Verteilernetzbetreiber (Distribution System Operators / DSOs), insbesondere in den Bereichen Datenmanagement, Digitalisierung, Messkonzepte und Fernansteuerbarkeit neuer Erzeugungsanlagen.

Für neue bzw. geänderte Wind- und PV-Anlagen wird die “Spitzenkappung” (Curtailment) eingeführt. Dabei wurde der anfängliche Wert der Spitzenkappung von 2 % im Regierungsentwurf auf 1 % für Windkraftanlagen reduziert. Für PV-Anlagen ist eine dauerhaft statische oder dynamische Spitzenkappung auf bis zu 70 % der Modulspitzenleistung möglich. Es gilt seitens der Netzbetreiber ein Maximierungsgebot, dass die Spitzenkappung auf den geringstmöglichen Eingriff beschränken soll. Daneben wird ein flexibler Netzzugang, der z. B. kapazitätsvariable Anschlussmodelle umfasst, eingeführt.

Mit dem neuen ElWG wird eine marktgestützte Beschaffung von Flexibilitätsleistungen im Verteilernetz etabliert, und es gibt neue Regelungen für Systemdienstleistungen, einschließlich der Weiterentwicklung von Netzreserve und Regelreserve. Die nationale Bewertung der Versorgungskapazitäten wird durch die Einführung von Resource Adequacy Assessments verstärkt.

Die Systemnutzungsentgelte werden neu strukturiert, indem das Netzzutritts- und Netzbereitstellungsentgelt zu einem einheitlichen Netzanschlussentgelt zusammengeführt wird. Es gibt einen Standortbonus von 30% auf das Netzanschlussentgelt für Stromerzeugungsanlagen, die an einem geeigneten Standort platziert werden und systemdienlich betrieben werden. Das Systemdienstleistungsentgelt wird in das Regelleistungsentgelt integriert, und „Net-Metering“ wird ausdrücklich ausgeschlossen, sodass keine Saldierung von Einspeisung und Entnahme mehr möglich ist.

Anders als in der Regierungsvorlage wurden Einspeiser aus dem Netznutzungsentgelt wieder entfernt. Diese sollen jetzt ab 2027 einen Versorgungsinfrastrukturbeitrag leisten, welcher jährlich durch den Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus festgelegt wird, allerdings mit 0,05 ct/kWh gedeckelt ist. Einspeiser mit einer netzdienlichen Leistung von maximal 20 kW sind von diesem Beitrag befreit. Dies begünstigt vor allem private PV-Anlagenbesitzer, die als Überschusseinspeiser ins Netz einspeisen sowie kleine betriebliche Anlagen. Diese sollen – als Teil des für die Beschlussfassung notwendigen politischen Entgegenkommens für das Zustandekommen einer Verfassungsmehrheit – nicht mit den Kosten für die Versorgungsinfrastruktur belastet werden. Bei der Berechnung der Kostenbasis werden die gesamten Beiträge aus dem Versorgungsinfrastrukturbeitrag in Abzug gebracht.

Diese Änderungen haben Auswirkungen auf Planungs- und Investitionsentscheidungen bei Netzanschlüssen und Flexibilitätsprojekten sowie auf die Anpassung von Netznutzungsmodellen und Business Cases. Sie führen auch zu neuen Erlös- und Kostenstrukturen für Speicher und Aktive Kunden.

1.4 Stromspeicher

Mit dem ElWG wird nun auch erstmalig in Österreich eine einheitliche Definition von Energiespeicheranlagen eingeführt, Betreiber eines Stromspeichers werden je nach Energieflussrichtung als Entnehmer oder als Einspeiser behandelt, sofern nicht Ausnahmen vorgesehen sind. Eine wichtige Ausnahme von diesem Prinzip ist die Befreiung von Energiespeicheranlagen hinsichtlich des Bezugs vom Netznutzungsentgelt und vom Netzverlustentgelt für die Dauer von 20 Jahren ab Inbetriebnahme – vorausgesetzt, der Energiespeicher wird systemdienlich betrieben.

2 Einschätzung und Ausblick

Sobald das Gesetzespaket endgültig angenommen wurde und verlautbart wurde, treten die meisten der Bestimmungen in Kraft. Für einige wichtige Änderungen im Energiesystem bleibt den Marktteilnehmern jedoch ein größerer Umsetzungszeitraum. Viele der Bestimmungen betreffend die Stärkung der Endkunden und Vertragsänderungen treten erst verzögert mit März oder April 2026 in Kraft. Hier bleibt den Lieferanten Zeit, die AGB entsprechend anzupassen. Auch die Bestimmungen über Aktive Kunden und Bürgerenergie treten erst verzögert, mit Oktober 2026 in Kraft. Die Änderungen der Systemnutzungsentgelte treten erst mit Jänner 2027 in Kraft und die Änderungen betreffend geschlossene Verteilernetze sogar erst nach zwei Jahren nach Inkrafttreten des neuen ElWG.

Mit den letzten, kurzfristig vor Beschluss des ElWG vorgenommenen Änderungen (insbesondere der Einführung und Deckelung des Versorgungsinfrastrukturbeitrags sowie Herabsetzung des Betrags der maximalen Spitzenkappung) hat der Gesetzgeber den Bedenken der Betreiber, Investoren und Banken Rechnung getragen und sichergestellt, dass erneuerbare Energieprojekte in Österreich weiterhin für Finanzierungen sowie Investitionen attraktiv bleiben.

Die erstmalige gesetzliche Definition der Energiespeicheranlagen sowie deren Begünstigung bei den Netzentgelten gilt als Hoffnungsträger für den flächendeckenden Einsatz von Energiespeicheranlagen in Österreich und bietet eine gute Gelegenheit für entsprechende Investitionen in Österreich.

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