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EU schließt chinesische Unternehmen von Großaufträgen im Medizinprodukte-Sektor aus

Erste Maßnahme nach dem IPI-Instrument und weiterer Schritt im härter werdenden Vorgehen gegen China

Mit der am Freitag, 20. Juni 2025, veröffentlichten Durchführungsverordnung (EU) 2025/1197 beschloss die Europäische Kommission, Unternehmen aus der VR China von öffentlichen Aufträgen für Medizinprodukte auszuschließen. Betroffen sind Aufträge mit einem geschätzten Auftragswert von mehr als fünf Millionen Euro. Weiters dürfen nicht mehr als 50% des Auftragswertes an chinesische Unternehmen weitergegeben werden.

Mit dem Ausschluss chinesischer Unternehmen setzt die Europäische Kommission ein weiteres klares Signal im seit Langem schwelenden Konflikt mit China im Kontext von Vorwürfen des unlauteren Wettbewerbs und der Weigerung, den chinesischen Markt zu öffnen. Österreichische bzw. EU-Auftraggeber sind ebenso direkt betroffen. Sie müssen das 50%-Limit gegenüber chinesische Unternehmen in ihren Ausschreibungen bzw. Verträgen berücksichtigen. Dem erfolgreichen Bieter können (empfindliche) Strafen drohen.

Weitreichender Ausschluss

Der Ausschluss von Unternehmen aus der VR China ist umfassend. Er reicht (mit den CPV-Codes 33100000-1 bis 33199000-1) von einfachen Medizinprodukten wie Masken, Verbandsmaterial, Hygieneartikel, medizinischer Bekleidung und Rollstühlen bis hin zu aufwendigen Produkten wie Herzklappen, Laser, bildgebenden Geräten, Prothesen, Röntgengeräten, Scannern und MR-Anlagen. Nach EU-Angaben erreichte der Medizinprodukte-Markt der EU im Jahr 2023 einen Marktwert von 150 Milliarden Euro. 50-70% davon entfallen auf Ausschreibungen. Laut der Durchführungsverordnung (EU) 2025/1197 machten Aufträge über 5 Millionen bisher lediglich 4% der vergebenen Aufträge aus, jedoch entfielen auf sie 59% des kumulierten Wertes der Aufträge.

Schwelender Konflikt

Der Konflikt mit China über den Handel mit Medizinprodukten dauert seit Monaten an. Im Jänner 2025 sah sich Peking seitens der Europäischen Kommission mit dem Vorwurf konfrontiert, EU-Unternehmen im Bereich von Medizinprodukten beim Zugang zum chinesischen Markt zu benachteiligen. Laut Angaben der Europäischen Kommission beträgt der Anteil von Ausschreibungen im Medizinprodukte-Bereich in China, die EU-Hersteller durch diskriminierende Anforderungen benachteiligen, 87%. Über den Konflikt um Medizinprodukte hinaus hatte sich der Handelskonflikt mit China bereits infolge von EU-Maßnahmen gegen chinesische E-Auto verschärft.

Premiere für das IPI

Der Ausschluss chinesischer Unternehmen stellt die erste Maßnahme der Europäische Kommission dar, die auf Grundlage der 2022 erlassenen Verordnung (EU) 2022/1031 über den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern, Waren und Dienstleistungen aus Drittländern zum Unionsmarkt für öffentliche Aufträge – kurz Instrument betreffend das internationale Beschaffungswesen oder IPI genannt – erlassen wurde. Anlass des IPI war die Erkenntnis der EU, dass der EU-Markt für öffentliche Aufträge zu den größten und zugänglichsten der Welt gehört. Dem stehen jedoch viele Handelspartner der EU gegenüber, die in ihren Märkten restriktive, EU-Unternehmen diskriminierende Maßnahmen anwenden. Das IPI versetzt die EU in die Lage, nach vorgelagerten Untersuchungen und Konsultationen entsprechende Gegenmaßnehmen zu ergreifen. Dies ist mit dem Ausschluss von Unternehmen aus der VK China von bestimmten Medizinprodukte-Ausschreibungen nun erstmals geschehen.

Strenge Linie des Europäischen Gerichtshofs

Neben der Europäischen Kommission hat zuletzt auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinen Entscheidungen C-652/22, Kolin, vom 22.10.2024, und C-266/22, Qingdao, vom 13.3.2025, eine restriktive Linie in Bezug auf das Recht des Zugangs von chinesischen Unternehmen zum EU-Vergabemarkt erkennen lassen. Da die VR China kein Mitglied des internationalen Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) ist, haben chinesische Unternehmen grundsätzlich kein Recht auf die Teilnahme an EU-Ausschreibungen.

Auftraggeber müssen anpassen, können sich jedoch “für oder gegen China” entscheiden

Als direkte Folge des Ausschlusses von Unternehmen aus der VR China von EU-Ausschreibungen im Bereich von Medizinprodukten sind öffentliche Auftraggeber in Österreich bzw der EU verpflichtet, die IPI-Maßnahme umzusetzen. Dies bedeutet insbesondere, dass sie die Verpflichtungen, die sich aus dem Ausschluss chinesischer Unternehmer nach Art 8 der IPI-Verordnung (EU) 2022/1031 ergeben, in den Ausschreibungsunterlagen bzw Verträgen entsprechend berücksichtigen müssen. Dies gilt vor allem für das Verbot eines 50% übersteigenden Anteils von Waren von chinesischen Unternehmen durch Subunternehmer.

Die Herkunft bzw der Ursprung der vom Ausschluss betroffenen Wirtschaftsteilnehmer und Medizinprodukte müssen die Auftraggeber nach den Kriterien des EU-Zollkodex bestimmen. Die Bestimmung der Herkunft bzw des Ursprungs knüpft insbesondere an Artikel 60 Verordnung (EU) Nr. 952/2013 an und kann, je nach Herstellungsart, schwierige Abgrenzungsfragen aufwerfen.

Grundsätzliche Wahl der Aufraggeber “pro oder contra” China bleibt

Abseits vom gegenständlichen Ausschluss steht es Auftraggebern grundsätzlich weiterhin offen, chinesischen Unternehmen die Möglichkeit der Teilnahme an der Ausschreibung zu verwehren. Beispielsweise, wenn die europäischen Wertschöpfung gestärkt werden soll. Genauso können sich öffentliche Auftraggeber jedoch dazu entscheiden, Unternehmen aus der VK China die Teilnahme an der Ausschreibung ausdrücklich einzuräumen. Dies wird vor allem dann eine Rolle spielen, wenn ein internationaler Wettbewerb ermöglicht werden soll.

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